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Lasst die Kinder spielen

Vorwärts zu den Grundlagen und dann weiter

Deborah Murphy | August 2019

Wir hören oft den Ausdruck „zurück zu den Grundlagen“. Aber vielleicht müssen wir das mal aus einer anderen Perspektive betrachten. In der Frühpädagogik sollte unser Motto sein: „VORWÄRTS zu den Grundlagen und dann WEITER!“

Das traditionelle Spiel, das Kinder seit Generationen von sich aus machen, ist immer noch der Grundstein für die Arbeit mit Kindern, und so sollte es auch sein. Wir haben die Weisheit der Philosophen und Pädagogen, aber wir haben auch die Weisheit der Kinder, die jetzt bei uns sind.

Wenn wir einen Schritt zurücktreten und Kindern beim Spielen zusehen, anstatt sie ständig anzuleiten, können wir lernen, das wertzuschätzen, was sie tatsächlich lernen und tun. Manchmal sind wir so sehr in unserer Rolle als Moderatorinnen, Pädagoginnen und Erzieherinnen , dass wir den Blick darauf verlieren, was wirklich passiert.

Ein Junge streckt einer Erzieherin Blumen entgegen, damit sie daran riechen kann

Ein kleines Mädchen am Wasserspieltisch gießt Wasser, immer und immer wieder. Sie entdeckt, wie genau das Wasser durch einen bestimmten Behälter fließt. Sie ist Naturwissenschaftlerin und verändert die Variablen, um die verschiedenen Wirkungen zu verstehen. Ein anderes Kind siebt Sand auf verschiedene Weise. Es beobachtet aufmerksam, wie die Sandkörner auf den Tisch, und von dort aus auf den Boden oder seinen Bauch rieseln! Die wissenschaftliche Methode wurde nicht von Wissenschaftlern in einem Labor erfunden, sondern von Kindergartenkindern auf dem Spielplatz.

Ein Kind stapelt Bausteine und versucht immer wieder herauszufinden, wie sie stehen bleiben – oder vielleicht noch besser, wie sie umfallen. Wir Erwachsenen bewundern Bauwerke, die hoch und stabil sind. Aber die kleinen Ingenieure lieben es, sie einstürzen zu sehen. „Wow! Das war toll!“, sagt das Kind. „Aha,“ sagt der Physikprofessor, „das ist ein Beispiel für Ursache und Wirkung.“ Das sagen die pädagogischen Fachkräfte hoffentlich auch, anstatt zu denken: „Oh je, das war ja ein Riesenlärm und so viel zum Aufräumen.“

Ein Mädchen mit einem umstürzenden Bausteinturm

Genau wie für Edison bei der Erfindung der Glühbirne brauchen Kinder Übung, Ausdauer und Beharrlichkeit, um neue Entdeckungen darüber zu machen, wie die Dinge in dieser Welt funktionieren. Manchmal macht es mehr Spaß, herauszufinden, wie sie nicht funktionieren. Solche Fähigkeiten sind schwer zu vermitteln, aber wenn wir den Kindern die Möglichkeit bieten, sie zu üben, sind sie wie kleine Ingenieure.

Wir wissen, wie sehr kleine Kinder ihre Ziele erreichen wollen. Ein Kleinkind, das noch nicht sicher laufen kann, wird fallen, aufstehen, und es nochmal versuchen – immer wieder. Es will diese Fähigkeit beherrschen lernen, um sich durch den Raum zu bewegen und sich dieses verlockende Spielzeug zu schnappen. Es ist hoch motiviert. Wir sehen, wie entschlossen es ist. Das ist die Freude am Lernen, die unser bester Verbündeter ist.

Wir als Pädagogen wirken manchmal störend auf diese Motivation und Ausdauer. Wir können Aktivitäten planen und Partner im Spiel sein. Wir statten sie mit den besten Materialien aus und begleiten sie mit Fragen. Dann müssen wir den Kindern die Zeit geben, die sie zum Erkunden und Staunen brauchen. Manchmal müssen wir uns die Zeit nehmen, gemeinsam mit ihnen zu forschen und zu staunen. Wie können wir zum Spielen anleiten, wenn wir selbst vergessen haben, wie man spielt?

Viel zu oft läuten wir mit dem Glöckchen, um die Kinder dazu zu bringen, zur nächsten „wertvollen Aktivität“ überzugehen. Wir müssen manchmal einfach einen Schritt zurücktreten und zu Beobachtern werden, nachdem wir geholfen haben, die Materialien und die Umgebung bereitzustellen.

Piaget behauptete, dass Kinder ihr eigenes Wissen konstruieren. Sie brauchen Zeit, um diese Konstruktion sowohl mit ihrem Körper als auch mit ihrem Gehirn durchzuführen. Wygotskis Ideen von Unterstützung und Scaffolding des Lernprozesses passen so gut zum Konstruktionsspiel. Kein Wunder, dass es oft wie auf einer Baustelle klingt, wenn gelernt wird!

Wir Erwachsenen sind so oft in Eile. Manchmal geben wir unser hektisches Tempo an die Kinder weiter. Das kann sie beim Spielen und Lernen stören. Wir müssen langsamer werden, um zu sehen, wie Kinder lernen, spielen und denken.

Ein Junge und ein Mädchen spielen mit Outlast Bausteinen

Wenn gespielt wird, steht die Zeit still. Die Welt verschwindet und wir sind in den Moment versunken. Ein Kind gießt das Wasser und beobachtet das Glitzern des Sonnenlichts in den Tröpfchen. Der Sand schimmert, wenn die Körner durch ein Sieb fallen. Der glatte Holzbaustein fühlt sich angenehm an.

„Hallo Erwachsener, SCHAU MAL!“ sagen sie zu uns. Es ist ein guter Ratschlag. Wir müssen anhalten, schauen und zuhören, wie sie es tun. Lassen Sie uns ihr tiefes Engagement, ihre einzigartige Konzentration und ihren kreative Erfindergeist beobachten und schätzen. Wir sprechen oft davon, Vorbilder für das Verhalten der Kinder zu sein. Wie wäre es, diese Denkweise umzudrehen? Wir müssen Spiel so sehen, wie sie es tun. Vielleicht sind sie ja hier die Experten, von denen wir lernen können. Was sie uns geben können, ist, uns zu zeigen, wie man im Wunder des Augenblicks leben kann.

Das Spiel ist ein scheinbar einfaches Konzept, ein Grundrecht der Kindheit. Es ist aber auch komplex und – in jüngster Zeit – umstritten. In dieser Diskussion geht es nicht um Spiel versus Bildung. Das Spiel steht immer noch im Mittelpunkt. Das Spiel steht im Mittelpunkt all dessen, was wir mit kleinen Kindern machen. Es webt und knüpft alle Fähigkeiten und Kompetenzen zu einem wunderbaren Gewebe zusammen.

Mit den Kindern können wir „von den Grundlagen“ zu dem fortschreiten, was danach kommt – eine Brücke von der Vergangenheit in eine reichhaltige, spannende Zukunft!

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soziale und emotionale Bildung
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