Bausteinspiel im Außenbereich
Die Outlast-Bauecke als Bildungsbereich
Der Außenbereich von Kitas ist häufig vernachlässigt und nicht als Bildungsbereich gestaltet. Welche Angebote können den Kindern dort gemacht werden, um ihr Spiel zu bereichern? Prof. Dr. Hebenstreit-Müller und Barbara Henkys gehen der Fragestellung nach, welche Auswirkungen der Outlast Baustein und die Baustein-Spielstelle im Außenbereich auf das Spiel der Kinder haben.
Einführung
Prof. Dr. Sabine Hebenstreit-Müller: Der Außenbereich ist häufig sehr stark vernachlässigt und als Bildungsbereich nicht gestaltet und die Vorstellung von mir zu Beginn und zum Start des Projektes hier war welche Wirkung hat der Outlast Baustein, die Outlast Baustein-Spielstelle für das Spielen von Kindern?
Barbara Henkys: Also wir haben gesehen, dass in dem Spiel mit dem Outlast Baustein, sowohl mathematische als auch technische naturwissenschaftliche Themen stecken, als auch ästhetische Fragestellungen eine Rolle spielen, dass wir ganz viele unterschiedliche Formen von Zusammenspiel sehen, also wir sehen Kinder alleine spielen oder wir sehen Kinder, die in intensiven Spielgruppen spielen. Es gibt größere Gruppen, es gibt kleine Gruppen, also ganz viele verschiedene Konstellationen ergeben sich in dem Spiel.
Prof. Dr. Sabine Hebenstreit-Müller: Wir können beobachten, welche Schemata die Kinder benutzen, um mit dem Material umzugehen, welche Verhaltensweisen sie zeigen, also das Schema Rotieren, in dem sozusagen Gegenstände darauf kreisförmig bewegen, Linien bauen, Schrägen bauen. Dass sie etwas verstecken, verhüllen, mit Laub, mit Sand. Dass sie etwas hochbauen.
Ich finde es für diese Altersgruppe schon erstaunlich, wenn die Kinder also länger als eine halbe Stunde sich intensivst mit etwas befassen und auch nach dieser Stunde noch den Eindruck vermitteln, sie könnten noch viel länger dort verweilen und spielen und experimentieren und ihren Ideen nachgehen.
Erste Bauwerke
Maria Zibell: Ich habe gesehen so am Anfang, als dieser Schrank aufgemacht wurde, konnte man sehr schön sehen, wie die Kinder gleich ins Explorieren kamen, also sie haben gleich entdeckt und geguckt was gibt es, wieviel gibt es, was kann ich damit machen? Und dann hatten sie eigentlich auch schon ziemlich schnell ihren Plan, so für sich. Und zum Beispiel war bei einer Gruppe von Kindern das Thema einer Murmelbahn zu bauen. Da kam dann diese Phase, wo die Kinder auch so ein Blick fürs Detail bekommen haben, da ging es dann plötzlich nur noch um kleine Dinge, die verändert werden müssten, etwas schiefer etwas höher. Wir brauchen noch einen bestimmten Baustein, der ist zu groß, der ist zu dick, das ist eigentlich sehr schön zu beobachten, wie dann auch die Details wichtig wurden und letztendlich ging es den Kindern nicht nur um die Funktionalität. Das ist sozusagen funktioniert am Ende, sondern auch um die Ästhetik.
Silvia Spreda: Sie bauen sich zum Beispiel dann eine Küche und diese Löcher in diesen Bausteinen, die dienen dann als Tasse und als Kanne und als Kochherd, das habe ich auch schon gesehen. Und dann kommt der Blüten rein da kommen die Kienzapfen rein, da kommt die Steine rein, da kommt der Sand rein und dann ist es das Essen für die ganze Familie.
Anke Radon: Wir haben viele Stöcke im Garten und dann werden die Löcher halt benutzt und dann wird aus denen aus dem Baustein. Dann auch schon mal ein Pferd, was halt vorne im Kopf hat und hinten den Schwanz oder die Stöcke werden einfach nur quer rüber gelegt und wird eine Brücke aus dem Stock gemacht. Was sehr gut angekommen ist, war diese Maurerkelle und dieser Spachtel dazu und dann noch eine Wanne mit Wasser und Sand und das ist sowas wie ein Highlight, da waren ganz viele da und die sich sehr lange damit beschäftigt. Manche haben das wirklich als Mörtel benutzt und haben auf die Steine mit dieser Maurerkelle den Sand raufgetan und dann erst die anderen Baustellen darauf sieht man, dass sie Erfahrungen aus anderen Bereichen mitbringen. Also die kleinen Kinder, die haben sich diese Maurerkellen genommen und haben die erstmal daneben gelegt und mit Händen, den dieses Sand-Wasser-Gemisch rausgeholt und haben neben den Baustein so Türmchen gemacht oder einfach ein Baustein genommen und dann auf denen auf dem Baustein verteilt, so als Turm aufgebaut und dann erst den Spachtel genommen und das mit dem verrieben oder Löcher reingebohrt, also einfache Handlungen ausgeführt. Und die größeren haben dann schon verstanden, wie wie das mit dem mit dem mit der Maurerkelle geht und den Mörtel und haben die Steine auch so aufgebaut oder hatten einfach Spaß dran, die Steine von allen Seiten so einzureiben mit diesem Gemisch.
MINT Lernerfahrungen
Maria Zibell: Definitiv steckt auch der Bildungsbereich Mathematik mit drin. Es geht um Größe, um Form, um die Anzahl der Löcher, die zählen sie, damit sie dann an dem Stecksystemen auch passen. Sie kriegen Begriffe wie groß, klein, rund, eckig, eins, zwei, drei, vier, fünf Steine. Ich glaube, ich habe mal gehört, dass der eine sagt, wir brauchen noch einen Vierer oder ich brauch nen Dreier, da meinen wahrscheinlich die Anzahl der Löcher, die auf dem Stein sind. Und bei jüngeren Kindern ist das manchmal einfach das Tun. Ich tue jetzt einfach, ich stapele alles aufeinander, ich hab noch keinen Plan und dann geh ich auch wieder. Bei den älteren sieht man, sie wollen das soll funktionieren, das ist ja gut aussehen und die haben für sich dann einfach einen Plan. Dafür bieten die Bausteine natürlich eine gute Gelegenheit, das alles auszuprobieren, weil sie keine großartigen Vorgaben haben, sie sind nicht rosa oder blau und am Ende fehlt grüner Stein oder so, sondern sie sind sehr natürlich belassen und dadurch kann man damit, denke ich, auch die Fantasie der Kinder gut anregen, die werden dann nicht so abgelenkt von unnötigen Details.
Prof. Dr. Sabine Hebenstreit-Müller: Was ich auch beobachtet habe, ist, dass Kinder sehr hohe Türme gebaut haben. Und dann nochmal selber getestet haben wie stabil sind die Türme? Indem sie umfasst haben und dann langsam losgelassen haben, um zu schauen: steht er noch, bleibt er stehen oder muss ich eine Etage wieder herunternehmen, also das Prinzip von Balance, von Stabilität zu erfahren.
Linda Neitzel: Beim Einräumen gefällt mir daran, dass es wie ein Puzzle ist, das auch für die Kinder sehr schön, weil es halt wirklich wie ein Puzzle ist, das man wieder zusammenstecken muss. Ich finde das auch eine schöne Spielsituation, weil die Kinder bei uns in der Gruppe puzzeln, auch sehr gerne und sie puzzeln auch sehr gerne den Schrank wieder zusammen.
Sprache
Barbara Henkys: Die Kinder führen lauter verschiedene Tätigkeiten aus: sie stapeln, sie legen, sie balancieren etwas aus, sie befestigen etwas, sie stützen etwas ab. Das sind lauter Verben, und die sind ja tatsächlich die [Begriffe], die Kinder am schwierigsten erwerben. Hilfestellung zu geben beim Erlernen von Verben ist eine außerordentlich sinnvolle Angelegenheit.
Silvia Spreda: Als integrative Erzieherin hier in dieser Kita habe ich vorwiegend mit Kindern zu tun, die sich sozial-emotional nicht so gut sich im Gruppengeschehen mit integrieren können und auch viele Sprachdefizite aufweisen. Und von der Warte her freue ich mich sehr, dass ich diese Kinder immer wieder zu diesem tollen Baustein führen kann und sie mit involvieren kann. Dort haben sie die Chance, sich integrativ um Material zu kümmern, indem sie dann nach diesen fragen, die anderen Kinder fragen, und sie versuchen, die Kinder dabei anzusehen, die Frage sprachlich zu äußern und die Antwort abzuwarten und sich dann auch zu bedanken. Das Strahlen der Kinder ist so schön dann zu erfahren.
Linda Neitzel: Ein Kind fällt mir gleich ein, was ich beobachtet habe, wo die Entwicklung wirklich sehr weit nach oben gegangen ist: ein Kind, das kaum spricht, also sehr zurückhaltend ist und er hat sich halt im Spiel mit den Bausteinen halt sehr geöffnet, sich anderen Kindern anvertraut und auch eine Verbindung aufgebaut zu den anderen Kindern. Das habe ich schon beobachten können, dass dieses Kind halt wirklich richtig aufgeblüht ist beim Spiel und auch mit den Kindern einfach eine Verbindung geschafft hat und dieses Kind ist halt sonst immer zurückhaltend, eher ein Einzelgänger, und im Spiel mit den anderen Kindern ist er wirklich aufgeblüht.
Maria Zibell: Ich konnte auch beobachten, dadurch, dass es ja auch nur eine begrenzte Menge an Bausteinen sind, dass letztendlich die Kinder auch dazu aufgefordert sind, miteinander in Kooperation zu gehen, zu verhandeln zu sagen “Na gut, dann machen wir das anders.” Also auch Lösungen zu finden und Konflikte miteinander auszuhandeln.
Rolle der Fachkraft
Simone Ciesla: Es ist einfach so, dass gerade auch bei den Outlast Bausteinen deutlich wird, dass die Kinder untereinander in den Dialog gehen und sich Hilfestellungen geben, also dass wir als Erwachsene eigentlich uns gut im Hintergrund bewegen können und die Prozesse, die in so einem Spiel sich ergeben, wirklich gut zu begleiten. Es ist wichtig, dass wir als Pädagogen den Kindern auch den Freiraum lassen, mit den Materialien sich zu beschäftigen. Und sie zu ermutigen, einladen und wie gesagt, mit dabei sitzen im Spiel, also auch mit bei den Outlast Bausteinen. Es ist unheimlich wichtig, dass wir den Kindern das Vertrauen geben. Sie sind im Spielen, sie sind im Tun, im Probieren und da ist es ja auch manchmal ein bisschen schwierig, Situationen auszuhalten, wo wir vielleicht denken, wo wir die Kinder unterstützen müssten im Spiel, wenn sie zum Beispiel Dinge zu hoch bauen oder wo wir denken, da könnte was umkippen, da nicht einzuschreiten, sondern die Kinder eben selbstständig weiter gewähren zu lassen. Und das ist die tolle Herausforderung, weil wenn man sich darauf einmal einlässt, entwickeln sich eben ganz tolle Dinge bei Kindern. Wir sind damit so umgegangen, dass natürlich ist es so, dass es gibt ja auch immer bei den Kollegen Kollegen, die ein bisschen ängstlicher sind und manche Kollegen, die schon wie die eben sagen na, das halten die Kinder schon aus, das schaffen die, wir können vertrauen haben und da eben wirklich kollegial zu, auch beraten und oft so unterstützen zu sagen nee, wir denken, wir können das zulassen. Also die Erfahrungen haben wir nicht machen müssen, dass wir die Kinder in dem Fall stoppen mussten, weil diese Outlast Bausteine oder überhaupt die Community Playthings Bausteine und Materialien haben ja wirklich eine ganz tolle Haptik. Sie sind schwer, aber sie sind auch gut handhabbar für die Kinder. Und wenn ein Kind alleine das nicht tragen kann, zum Beispiel bei den großen Kisten, können zwei Kinder sich tragen helfen, und diese Unterstützung holen die Kinder sich auch untereinander immer. Wir Kollegen sind ja natürlich dabei, und wir sind immer auf Augenhöhe im Dialog mit ihnen.
Beate Spangenberg: Es gibt Tage, da brauchen die Kinder leichte Anreize und werden angeleitet und bekommen leichte Impulse in das Spiel gegeben und dann gibt es Tage, wo es nur darum geht, dass wir begleitend dabei sind, dass wir Fragen stellen, dass wir schauen, dass die Kinder am das gerecht untereinander aufteilen und dass die Kinder sich nicht streiten. Aber sonst? Die Bausteine haben so eine hohe Wirkung auf die Kinder, dass die sofort am Spielen sind und sofort anfangen zu bauen.
Vielen Dank an die Kinder und pädagogischen Fachkräfte der FIPP Kitas Hasenburg und Moissistraße!
Vielen Dank an Prof. Dr. Sabine Hebenstreit-Müller und Frau Barbara Henkys für die sorgfältige Planung, fachliche Beratung und den tatkräftigen Einsatz bei der Realisierung dieses Videos.