Mit Kindern draußen spielen
| Februar 2020Jeder, der in Krippen und Kitas mit Kleinkindern arbeitet, weiß, wie schnell sich Bakterien und Viren in diesen Umgebungen ausbreiten. Eine Möglichkeit, die Ausbreitung solcher Infektionen zu bremsen, ist viel frische Luft. Beim Spiel im Freien können sich die Infektionserreger verteilen und zerstreuen; es ermöglicht Kindern auch, frische Luft zu bekommen, Sport zu treiben und weniger eingeschränkt zu sein als im Gruppenraum (Aronson, 2002).
Das Spiel im Freien ermöglicht es den Kindern auch, die natürliche Umgebung zu genießen und zu lernen, sich Bewegung, frische Luft und Aktivität zu verschaffen. Draußen zu sein ist einfach gesund. Das Spiel im Freien hilft dabei, eine Haltung zu entwickeln, die der Natur, körperlicher Aktivität und Umweltschutz gegenüber bejahend ist. Kinder, die sich in der Kita körperlich stark betätigen, neigen dazu, sich auch zu Hause mehr zu bewegen, während Kinder, die in ihrer Zeit in Kita und Schule einen Mangel an körperlicher Aktivität hatten, zu Hause eher sitzende Beschäftigungen wie Fernsehen und Computernutzung ausüben (Dale, Corbin & Dale, 2000). Kinder, die lernen, die Natur zu genießen, haben eine viel höhere Wahrscheinlichkeit, auch als Erwachsene Wandern, Gartenarbeit, Joggen, Radfahren, Bergsteigen oder anderen Outdoor-Aktivitäten nachzugehen. Das ist wichtig, weil Fettleibigkeit zu einem immer größeren Problem wird und wir außerdem alle lernen müssen, die Umwelt zu pflegen und zu schützen.
Kindern erlauben, Kinder zu sein
Freie Räume zu nutzen, um grundlegende Kindheitsbedürfnisse zu erfüllen – Springen, Laufen, Klettern, Schaukeln, Rennen, Schreien, Rollen, Verstecken und ein großes Chaos anrichten – ist das, worum es in der Kindheit geht! Aus einer Vielzahl offensichtlicher Gründe können viele dieser Dinge nicht drinnen stattfinden. Dennoch müssen Kinder diese wichtigen Erfahrungen machen. Heutzutage wird das Leben von Kindern immer mehr von kleinen Wohnungen, anspruchsvollem Unterricht, Zeitplänen, angespannten, müden und überarbeiteten Eltern und weniger Möglichkeiten, Kind zu sein, eingeschränkt und kontrolliert. Outdoor-Umgebungen erfüllen Grundbedürfnisse von Kindern nach Freiheit, Abenteuer, Experimentieren, Risikofreudigkeit und danach, einfach nur Kind zu sein (Greenman, 1993).
Kinder brauchen Gelegenheit, das Unbekannte, Unberechenbare und Abenteuerliche zu erkunden. Sie müssen auch in der Lage sein, die Natur zu bestaunen, vom Wurm, der durch den frisch umgegrabenen Garten gleitet, bis zum Schmetterling, der aus dem Kokon kriecht und anmutig in der Sommerbrise davon flattert.
Verschiedene Formen des Spiels fördern
Grobmotorisches Spiel
Generell sollte grobmotorisches Spiel durch Klettergeräte und Schaukeln (auch im Krippenbereich), Dreiradparcours und große hügelige Grasflächen zum Laufen, Krabbeln, Liegen und Rollen gefördert werden. Dreiradparcours können für Rutschfahrzeuge, Dreiräder, Roller, Bälle, Schiebewagen und zum Joggen verwendet werden. Klettermaterial für Krippenkinder sollte sehr einfach sein und einen Tunnel, flache Stufen und eine Rutsche beinhalten. Weil der Gang von Kleinstkindern noch recht unsicher ist, sollte besonderes Augenmerk auf Barrieren gelegt werden – die Geländer und Seiten von erhöht stehenden Geräten. Eine Vielzahl von leicht abschüssigen Bereichen hilft Kindern zu lernen, auf unterschiedlichen Untergründen ihr Gleichgewicht zu wahren. Obwohl es wichtig ist, spezifische motorische Fähigkeiten wie Fein- und Grobmotorik zu fördern, ist es wichtiger, die Entwicklung der Gehirn- und Nervenfunktionen und das Wachstum zu unterstützen. Deshalb sind Aktivitäten wie Rollen, Krabbeln, Laufen und Klettern sowie Schaukeln für kleine Kinder extrem wichtig.
Konstruktionsspiel
Untersuchungen zeigen immer wieder, dass Konstruktionsspiel bei jüngeren Kindern sehr beliebt ist, wahrscheinlich weil sie hier Kontrolle über ihr Spiel haben (Ihn, 1998). Konstruktionsspiel wird durch Sand- und Wasserspiel gefördert, durch die Bereitstellung von Bereichen, in denen Kunst, Holzarbeiten und Bausteinspiel stattfinden können, durch kleine Fahrzeuge und jede Menge loser Gegenstände auf dem Spielgelände. Konstruktionsspiel findet in Sandkästen statt, in Sand- und Wasser-Spielbereichen, auf ebenen Flächen und sogar auf Gras (Wardle 1994).
Soziales Spiel
Kinder brauchen viele Spielgelegenheiten im Freien, um grundlegende soziale Fertigkeiten und Kompetenzen zu entwickeln: sich gegenseitig auf der Schaukel anzuschieben, einen Wagen mit einem anderen Kind zu ziehen, gemeinsam im Sand zu spielen und so weiter. Natürlich beinhalten grobmotorisches Spiel, Konstruktionsspiel und Rollenspiel auch soziales Spiel, insbesondere wenn das Material von mehr als einem Kind bespielbar ist. Projekte wie Gartenarbeit, Wetterbeobachtung in einem separaten Wissenschaftsbereich und ein Picknick können – und sollten – soziale Aktivitäten sein.
Soziodramatisches Spiel
Ein gutes Spielgelände braucht Spielhäuser, Burgen und andere Strukturen, die Kinder verändern, anpassen und umgestalten können, die sie mit ihren eigenen Bedeutungen versehen und mit denen sie ihre imaginären Welten weiterentwickeln können. Diese Strukturen fördern ein reichhaltiges soziodramatisches Spiel; außerdem sind sie ein idealer Ort, an dem das Spielgelände die Kulturen der Kinder, die ihn nutzen, widerspiegeln kann.
Solches Rollenspiel verlangt von Kindern, dass sie Einzelheiten, Wissen und Bedeutung ins Spiel integrieren. Weil sie dies tun, wird das Spiel reichhaltiger und wertvoller, deshalb sollten die Konstruktion und das Design von Materialien für das Rollenspiel sehr einfach und schlicht sein. Eine Struktur, die einfach aus vier Wänden, einem Dach und einem Fenster besteht, kann eine Wohnung, ein Gruppenraum, eine Arztpraxis oder eine Burg sein. Im Gegensatz dazu kann ein realistischer Nachbau eines Tante-Emma-Ladens nur ein Tante-Emma-Laden sein, und eine Rakete kann nur eine Rakete sein (Wardle, 2003a).
Regelspiele
Bekannte Spiele wie Plumpsack, Ochs am Berg, Alle Vögel fliegen hoch oder Dirigent sind allesamt einfache Regelspiele und gehören damit zur höchsten Stufe des kognitiven Spiels (Piaget, 1962). Kinder brauchen Plätze im Freien, um diese Spiele zu spielen, und hinzufallen ist auf Rasen viel angenehmer als auf Beton.
Förderung von Spielen im Freien
Laut Sutterby und Frost (2002FD) glauben zu viele Pädagogen, Politiker und Eltern, das Spielen im Freien nehme wertvolle Zeit in Anspruch, die dann für Bildungsbereiche wie Lesen, Schreiben und Rechnen fehle. Deswegen sind Pausen und Sportunterricht in vielen Einrichtungen „Stiefkinder“ im Bildungskonzept. Darüber hinaus konzentrieren sich Bildungskonzepte, die das Spielen im Freien fördern, oft auf das Erlernen kognitiver und schulischer Fähigkeiten, anstatt die notwendigen körperlichen Aktivitäten und sozialen Interaktionen zu fördern. Hierfür gibt es viele Gründe, die oft von Land zu Land variieren, aber die Einführung von Bildungsplänen und die Dokumentation von Bildungserfolgen hat leider auch einer Verschulung der frühkindlichen Bildung Vorschub geleistet – es gibt aber auch immer mehr Menschen und Organisationen, die sich diesem Trend entgegenstellen.
Zusammenfassung
Es ist eine komplexe und herausfordernde Aufgabe, dem Bedürfnis von Kleinkindern nach Spiel im Freien gerecht zu werden. Eine Vielzahl von Faktoren muss berücksichtigt werden, darunter die verschiedenen Spielbedürfnisse von Kleinkindern, Beaufsichtigung, Sicherheit und Barrierefreiheit. Da unsere Kinder jedoch immer weniger Möglichkeiten haben, die Natur zu erkunden, zu laufen, zu rollen, zu klettern und zu schaukeln, und weil Spiel im Freien zum Kindsein gehört, müssen wir auf unterschiedliche Weisen versuchen, hochwertige Outdoor-Spielerlebnisse für Kleinkinder und Kinder bis acht Jahren zu ermöglichen. Diese Aufgabe wird umso wichtiger, als sich unsere frühpädagogischen Konzepte immer mehr auf die Vermittlung von Grundkenntnissen und Schulfertigkeiten konzentrieren.
From Johnson, Christie & Wardle; Play, Development and Early Education, published by Allyn and Bacon, Boston, MA. Copyright (c) 2005 by Pearson Education. Reprinted by permission of the publisher.